Die Wahl der Delegierten zu den Landesparteitagen und die Ehrungen langjähriger Mitglieder sind übliche und vor allem wichtige Tagesordnungspunkte bei Kreisparteitagen...
... Doch auch Diskussionsparteitage sind bei der CDU zur Tradition geworden. Am vergangenen Freitag in Hemmingen kam keiner dieser Aspekte zu kurz.
Nach der Begrüßung durch den Hemminger Bürgermeister Thomas Schäfer und den CDU-Ortsvorsitzenden Peter Huber führte der Stuttgarter Kreisvorsitzende Stefan Kaufmann durch den Parteitag. Thema des Abends war eine Diskussion zwischen Gerhard Stratthaus MdL, Finanzminister a.D., Rainer Wieland MdEP, Vizepräsident des Europäischen Parlaments, und dem deutsch-griechischen Rechtsanwalt Aris Kapsalis zur Fragestellung „Europa und Griechenland – ein Fass ohne Boden?“
Der ehemalige Finanzminister Stratthaus erklärte zunächst die Krise und ihre Ursprünge und fasste zusammen: „Es handelt sich hier um keine Eurokrise, sondern eine Staatsverschuldungskrise.“
Kapsalis schilderte die aktuelle Entwicklung und den Wandel in Griechenland, von dem hierzulande viel zu wenig bekannt sei: „Es stimmt, wir haben keine eigene Industrie, aber wir können eine Vorreiterstellung im Bereich erneuerbarer Energien erreichen. Und wir sind auf einem guten Weg dahin.“ Er sehe Griechenland in wenigen Jahren als einen der wichtigsten Energielieferanten in Europa, so der griechische Rechtsanwalt. Er warb darum, in seinem Heimatland zu investieren, um Wachstum möglich zu machen.
In Griechenland sei sowohl politisch als auch gesellschaftlich und in der Mentalität ein Wandel erkennbar, der von den europäischen Partnern unterstützt werden müsste, so Kapsalis. Wieland bestätigte das: „Es wird zu wenig über die guten Nachrichten gesprochen. 96,9 % Prozent Teilnahme am Schuldenschnitt zum Beispiel – das wird hier gar nicht erwähnt.“ Der Anwalt Kapsalis brachte weitere Beispiele: so sei die Steuerfahndung inzwischen sehr viel aktiver, Monopole würden aufgespalten, die Korruption viel stärker bekämpft „und für jeden kleinen Schokoriegel bekommt man inzwischen ganz selbstverständlich einen Beleg – das war früher nie vorstellbar“. Auch er beklagte: „über all das wird nicht berichtet“.
Abschließend warf der griechische Gast des Kreisparteitages die Frage auf, warum in der Europäischen Union niemals Konzepte eingeführt oder auch nur diskutiert wurden, die analog zu einem Länderfinanzausgleich funktionierten, wie er in Deutschland praktiziert würde. Auch andere Modelle könne er sich vorstellen: „Nach dem Krieg hat der Marshall-Plan in Deutschland dafür gesorgt, dass Wachstum entsteht. Darüber könnte man auch für Griechenland nachdenken.“ Über die Frage des Austritts aus dem europäischen Staatenbund sei man sich in seinem Land jedenfalls einig, so Kapsalis: „Griechenland will und wird in der EU bleiben.“